Leitlinien für Personalmaßnahmen bei schulorganisatorischen Veränderungen
22.07.2013
Die Leitlinien wurden auf der Grundlage der "Leitlinien für Personalmaßnahmen bei der Auflösung von Schulen" für die Hauptschulen des Landes Nordrhein-Westfalen entwickelt und nun auf alle Schulformen bezogen.

Die Leitlinien wurden auf der Grundlage der "Leitlinien für Personalmaßnahmen bei der Auflösung von Schulen" für die Hauptschulen des Landes Nordrhein-Westfalen entwickelt und nun auf alle Schulformen bezogen.

Ausgangslage

Das nordrhein-westfälische Schulsystem ist seit Jahrzehnten mit Herausforderungen konfrontiert, die zu pädagogischen, aber auch strukturellen Veränderungen geführt haben und weiterhin führen. Zu den zentralen aktuellen Herausforderungen gehören der demografische Wandel, ein aufgrund anderer Abschlussorientierung verändertes Schulwahlverhalten der Eltern sowie der Ausbau des Gemeinsamen Lernens von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung.

Um eine Weiterentwicklung des regionalen Schulangebots als Reaktion auf die veränderte Lebenswirklichkeit zu erleichtern, ist auf der Grundlage der Empfehlungen der Bildungskonferenz und des schulpolitischen Konsenses der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion
der CDU vom 29. Juli 2011 unter anderem die Verfassungsgarantie für die Hauptschule entfallen. Die Sekundarschule als neue Schulform der Sekundarstufe I ist neben Hauptschule, Realschule, Gesamtschule und Gymnasium getreten. Mit der Errichtung von Sekundarschulen und der vermehrten Gründung von Gesamtschulen geht regelmäßig die sukzessive Schließung vor allem von Haupt- und Realschulen einher.

Von schulorganisatorischen Veränderungen betroffen sind aber auch andere Schulformen, wenn sie aufgrund der demografischen Entwicklung oder eines geänderten Schulwahlverhaltens der Eltern nicht mehr die Mindestgröße erreichen. Neben kleinen Grundschulen gilt dies auch für zahlreiche Förderschulen vorwiegend im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen. Auch ist der Anteil des Gemeinsamen Lernens in der Primarstufe und der Sekundarstufe I infolge der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen stetig angestiegen und wird weiter steigen.

Die folgenden Verfahrenshinweise und Grundsätze, die bei schulorganisatorischen Veränderungsprozessen zu beachten sind, stellen auf der Basis der geltenden rechtlichen Regelungen einen Orientierungsrahmen für die betroffenen Lehrkräfte und das sonstige Personal im Landesdienst dar und sollen eine sozialverträgliche Gestaltung des Veränderungsprozesses gewährleisten.

1. Frühzeitige Information, Stufenplan

Über Schließungs-, Zusammenlegungs- und Neugründungspläne des Schulträgers sind die betroffenen Beschäftigten frühzeitig zu unterrichten (vgl. § 76 Schulgesetz).

Die zuständige Schulaufsichtsbehörde stellt die frühzeitige Information der zuständigen Personalvertretung, der Schwerbehindertenvertretung und der Gleichstellungsbeauftragten sicher.

Für das Auslaufen und den Aufbau einer Schule ist ein Stufenplan zu erstellen, aus dem sich sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch unter Bedarfsgesichtspunkten der Veränderungsprozess ergibt. Entsprechendes gilt für schulorganisatorische Maßnahmen im Bereich der Berufskollegs. Der Stufenplan ist regelmäßig zu überprüfen und ggf. an aktuelle Entwicklungen anzupassen.

Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler sollen in regelmäßigen Abständen über den Entwicklungsstand der Schule auf der Basis einer gemeinsam von Schulträger, Schulaufsicht und Schulleitung verantworteten „Sprachregelung“ informiert werden.

2. Qualitätssicherung an der auslaufenden Schule

Von besonderer Bedeutung sind die Sicherung der Unterrichtsqualität sowie eine geordnete Unterrichtsorganisation an den auslaufenden Schulen. Das betrifft sowohl die Personalausstattung als auch Unterstützungsmaßnahmen zur Qualitätssicherung.

Zur Abdeckung des fachspezifischen Lehrkräftebedarfs und zur Sicherstellung der sonderpädagogischen Förderung ist die Kooperation mit anderen Schulen und ein schulformübergreifender Personaleinsatz in Betracht zu ziehen. Dies beinhaltet in besonders gelagerten Einzelfällen auch die Möglichkeit, dass die Leitung einer auslaufenden Schule kommissarisch durch die Leiterin oder den Leiter einer anderen Schule derselben oder einer anderen Schulform wahrgenommen wird.

Ummeldungen von Schülerinnen und Schülern an andere Schulen sollen nach Möglichkeit vermieden werden. Für Schülerinnen und Schüler an auslaufenden Schulen, die im jeweils letzten unteren Jahrgang nicht versetzt werden, stellt die Schulaufsicht den weiteren wohnortnahen Schulbesuch sicher.

3. Personalmaßnahmen

Lehrkräfte, die von schulorganisatorischen Maßnahmen betroffen sind (Schließung, Zusammenlegung und Errichtung von Schulen) und zur Unterrichtsversorgung an ihrer Schule nicht mehr benötigt werden, werden in der Regel an eine andere Schule versetzt oder abgeordnet; auch Teilabordnungen oder Versetzungen mit teilweiser Rückabordnung sind möglich.

Als aufnehmende Schulen kommen sowohl eine neu gegründete Schule als auch eine andere Schule derselben oder einer anderen Schulform in Betracht.

Bei den beabsichtigten Personalmaßnahmen sind folgende Grundsätze zu beachten:

a) Die Beratung der Lehrkräfte über ihre weiteren beruflichen Perspektiven obliegt den für die Personalmaßnahmen jeweils zuständigen Schulaufsichtsbehörden. Diese benennen Ansprechpersonen für die betroffenen Lehrkräfte.

b) Soweit von Personalmaßnahmen mehrere Schulformen betroffen sind, stellen die Bezirksregierungen die Koordination zwischen den beteiligten Dezernaten und die Beteiligung der Personalräte und Schwerbehindertenvertretungen sicher. Entsprechendes gilt für die Schulämter.

c) Die Versetzungswünsche der Lehrkräfte sind zu erfassen. Dabei gilt das Prinzip „Versetzung vor Einstellung“, d. h. bei den Versetzungskonferenzen werden die Anträge der Lehrkräfte an auslaufenden Schulen zeitlich zuerst geprüft und entschieden. Ihre Versetzungswünsche sollen im Rahmen des Möglichen berücksichtigt werden. Die besonderen Vorschriften für schwerbehinderte Lehrkräfte sind zu beachten. Letztlich wird über Versetzungen im Rahmen einer Interessenabwägung zwischen den persönlichen Interessen der Lehrkraft und den dienstlichen Interessen an der Sicherung der Unterrichtsversorgung an der abgebenden und aufnehmenden Schule entschieden.

d) Auch denjenigen Beschäftigten, die bis zum Schließungszeitpunkt an einer Schule verbleiben, ist rechtzeitig Planungssicherheit für ihre weitere berufliche Zukunft zu geben, z. B. durch vorausplanende Versetzung bei gleichzeitiger Rückabordnung.

e) Bei Teilabordnungen an Schulformen mit differierenden Pflichtstundenvorgaben wird hinsichtlich der Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden auf den überwiegenden Einsatz abgestellt (AVO-RL Nr. 2.1.3, BASS 11 – 11 Nr. 1.1). Ein Wechsel des Einsatzortes bei Teilabordnungen innerhalb eines Schultages sollte nach Möglichkeit vermieden werden. Sofern dies nicht gelingt, soll im Gegenzug eine Entlastung von weiteren Aufgaben geprüft werden (siehe auch den Rechtsgedanken des § 17 ADO).

f) Vor dem Hintergrund ihrer spezifischen Ausbildungen und Einsatzmöglichkeiten benötigen u.a. Werkstattlehrkräfte, Fachlehrerinnen und -lehrer, Lehrkräfte für herkunftsprachlichen Unterricht, Seiteneinsteigerinnen und –einsteiger, Lehrkräfte mit der Befähigung für das Lehramt Primarstufe, die im Bereich der Sekundarstufe I eingesetzt sind, sowie sonstiges im Landesdienst stehendes Personal besondere Beratung für ihre weitere Beschäftigung. Ziel ist es, auch für diesen Personenkreis sozialverträgliche Lösungen zu finden.

g) Lehrkräften im öffentlichen Schuldienst soll die Möglichkeit der Bewerbung auf Stellen des ersten Beförderungsamtes auch an anderen Schulformen eröffnet werden, sofern sie hierfür die erforderliche Lehramtsbefähigung besitzen; dies kann auch bezirksübergreifend erfolgen.
Darüber hinaus haben Lehrkräfte mit der entsprechenden Lehramtsbefähigung die Möglichkeit, sich auf ausgeschriebene Stellen für den Laufbahnwechsel zu bewerben (www.oliver.nrw.de).

h) Im Rahmen des gemeinsamen Lernens von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderungen (Inklusion) werden vermehrt Lehrkräfte mit sonderpädagogischer Lehramtsbefähigung an allgemeinen Schulen eingesetzt. Durch den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen in den Schulen (9. Schulrechtsänderungsgesetz) wird ihnen der Zugang zu den Leitungsfunktionen an Grundschulen, Hauptschulen und Realschulen eröffnet und die Übertragung der Ämter im statusrechtlichen Sinne mit einer entsprechenden Besoldung ermöglicht (Der Gesetzentwurf wird derzeit im Landtag beraten.). Der Zugang zu den Leitungsämtern an Gesamtschulen, Sekundarschulen und Gemeinschaftsschulen ist bereits im Landesbesoldungsgesetz geregelt.

i) Lehrkräfte auslaufender öffentlicher Schulen können sich auch auf Stellen privater Ersatzschulen bewerben. Die Auswahl trifft der Ersatzschulträger im Rahmen seiner Personalhoheit. Neben einer Beurlaubung gemäß § 103 Abs. 3 Schulgesetz i. V. m § 34 FrUrlV NRW kommt ein Wechsel in den Privatschuldienst in Betracht; die betroffenen Lehrkräfte sind darüber zu informieren.

4. Fachkräfte für Schulsozialarbeit

Die Fachkräfte für Sozialarbeit im Landesdienst verbleiben bei einer Neugründung einer Gesamt- oder Sekundarschule bei gleichzeitiger Auflösung einer vorhandenen Haupt- und/oder Realschule zunächst an ihren Schulen.

Im Zuge des Aufbaus einer neu errichteten Schule wird der Bedarf an Fachkräften für Schulsozialarbeit durch Abordnungen, Teilabordnungen oder Versetzungen gedeckt.

Unabhängig von den im Haushalt ausgewiesenen Stellen für Schulsozialarbeit besteht für alle Schulen die Möglichkeit, abhängig von der Schulgröße bis zu zwei Lehrerstellen für Fachkräfte für Schulsozialarbeit zu öffnen. Die Voraussetzungen und das Verfahren sind im Runderlass des
MSW vom 23. Januar 2008 (BASS 21 – 13 Nr. 6) geregelt.

5. Schulleitungen

a) Für Schulleiterinnen und Schulleiter auslaufender Schulen kommt sowohl die Bewerbung auf eine ausgeschriebene Schulleiterstelle als auch die Versetzung an eine andere Schule in Frage.
Die Besetzung einer höherwertigen Schulleiterstelle erfolgt im Wege der Ausschreibung und der Auswahl unter den Bewerberinnen und Bewerbern nach dem Prinzip der Bestenauslese. Dabei ist auch die bisherige Schulleitungserfahrung zu berücksichtigen.
Eine rechtsgleiche Versetzung ohne Stellenausschreibung ist möglich, wenn die zu besetzende Schulleiterstelle derselben Besoldungsgruppe angehört wie das bisherige Amt, also nicht mit einer Beförderung verbunden ist. Dies folgt aus dem beamten- und verfassungsrechtlich abgesicherten Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung, der die Inanspruchnahme von Funktionsstellen durch die Schulaufsicht auch ohne vorherige Ausschreibung zulässt.

b) Das Landesbesoldungsgesetz sieht für Gesamtschulen und Sekundarschulen u. a. funktionsgebundene Ämter der Besoldungsgruppen A 13 und A 14 für die Koordination, die Abteilungsleitung sowie die didaktische Leitung vor. Hier besteht perspektivisch ebenfalls die Möglichkeit
einer amtsangemessenen Verwendung für Rektorinnen und Rektoren, Konrektorinnen und Konrektoren sowie für A 13-Lehrkräfte.

c) Schulleiterinnen und Schulleitern der Besoldungsgruppe A 15 aus auslaufenden Real- oder Förderschulen kann die Leitung einer neu errichteten Sekundarschule unter Beibehaltung ihrer Besoldungsgruppe übertragen werden, auch wenn für das Leitungsamt einer Sekundarschule zu Beginn der Aufbauphase zunächst die Besoldungsgruppe A 14 Z vorgesehen ist (siehe Vermerk Nr. 3 zu Kapitel 05 350 im Haushaltsplan des Schulministeriums). Dies gilt entsprechend auch für stellvertretende Schulleiterinnen und Schulleiter auslaufender Real- oder Förderschulen.

6. Vorbereitungsdienst

Die schulorganisatorischen Veränderungen wirken sich auch auf die Ausbildungsmöglichkeiten für Lehramtsanwärterinnen und –anwärter aus. Die Auswirkungen auf die Lehrerausbildung sind von den Bezirksregierungen im Rahmen der Ausbildungsplanung zu berücksichtigen.

Auslaufende Schulen werden im Rahmen des Zuweisungsverfahrens für Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter in der Regel nicht mehr berücksichtigt. Neu errichtete Schulen werden aufbauend in die Ausbildung eingebunden.

7. Fort- und Weiterbildung

a) für Lehrkräfte
Lehrkräfte, die von schulorganisatorischen Veränderungen betroffen sind, werden auf die veränderten Anforderungen der neuen Schulform oder Arbeitssituation vorbereitet. Lehrkräfte, die an andere Schulformen wechseln und nicht über die Lehrbefähigung für die nachgefragten Fächer verfügen, können an Kursen zur Qualifikationserweiterung gemäß Anlage 3 des Runderlasses des MSW vom 27. April 2004 (BASS 20-22 Nr. 8) teilnehmen.
Für den Unterricht mit heterogenen Gruppen in Schulen des längeren gemeinsamen Lernens stehen den Lehrkräften die Programme der Kompetenzteams im Rahmen der Fortbildungsinitiative NRW 2012 – 2015 zur Verfügung, die kontinuierlich weiterentwickelt werden.

b) für Schulleitungen
Die Bezirksregierungen entwickeln für die von schulorganisatorischen Veränderungen betroffenen Schulleiterinnen und Schulleitern sowie deren Vertreterinnen und Vertreter Fortbildungsangebote, die aus den zugewiesenen Fortbildungsmitteln zu finanzieren sind. Die Angebote beinhalten in der Regel die Themenbereiche „Change-Management“, Führung, Motivation, Widerstände, Kommunikation und Strategien.
Bei schwierigen Transformationsprozessen benötigen Schulleitungen Beratung und Unterstützung. Neben dem in der Erprobung befindlichen, kostenfreien staatlichen Coaching-Angebot „Schulleitungsbegleitung“ kommen weitere Coaching- und Supervisionsangebote der Bezirksregierungen und von externen Anbietern in Betracht.

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Foto: Hjalmar Brandt
Schule heute

Ausgabe Juli + August 2017

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Ausgabe 64


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